Im Gespräch mit Prof. Dr. med. Oliver Tobolski
Experteninterview
Wissenswertes rund um das Krankheitsbild Tennisarm aus erster Hand: Der Facharzt für Chirugie, Sportmedizin und Chirotherapie Prof. Dr. med. Oliver Tobolski beantwortet die wichtigsten Fragen zum Thema.
DVGE Verlag: Herr Professor Tobolski, in Ihrer Praxis in Köln dreht sich alles um Sportorthopädie und –traumatologie. Wie häufig begegnet Ihnen das Thema „Tennisarm“ in Ihrem Praxisalltag?
Prof. Tobolski: Der Tennisarm ist eine recht häufige Erkrankung, die im orthopädischen Alltag immer wieder auftritt. Bemerkenswert ist, dass sieben von zehn Tennisarmpatienten nichts mit dem Tennisspielen zu tun haben; von daher passt die landläufige Bezeichnung „Tennisarm“ gar nicht so richtig.
DVGE Verlag: Wie sieht denn der „klassische“ Tennisarm-Patient aus? Sind das wirklich immer nur Tennisspieler? Oder sind auch andere Personengruppen betroffen?
Prof. Tobolski: Ca. 30% sind echte Tennisspieler, die mit diesem Problem zu tun haben. Hier kommt es häufig durch Umstellung der Griffhaltung oder durch neue Bespannungen zu ersten auftretenden Beschwerden. Die restlichen Personengruppen sind Menschen, die viel mit den Händen tun; gerne auch Hobbyhandwerker, die ungewohnte Bewegungen – wie das Einbringen von Schrauben - intensiv durchgeführt haben.
DVGE Verlag: Was genau versteht man denn eigentlich unter dem Begriff Tennisarm im medizinischen Sinne?
Prof. Tobolski: Der Tennisarm ist eine Entzündung von einstrahlenden Sehnenfasern der streckseitigen Unterarmmuskulatur. Durch Überlastung kommt es zu entzündlichen Veränderungen von Sehnenanteilen.
DVGE Verlag: Welche Symptome sind bei Tennisarm typisch, d.h. auf welche Anzeichen sollte der Patient achten?
Prof. Tobolski: Klassisch sind Beschwerden im streckseitigen Unterarm, teilweise mit Ausstrahlung bis in das Handgelenk. Bagatellbewegungen, wie das Anheben einer Kaffeetasse oder das Aufdrehen einer Wasserflasche, führen zu einschießenden Schmerzen in den Ellbogen.
DVGE Verlag: Tennisarm oder Sehnenscheidenentzündung – wie erkennt man den Unterschied?
Prof. Tobolski: Im Grunde ist das nur sehr schwer zu differenzieren: Beim klassischen Tennisarm ist die gesamte Sehne betroffen, die Sehnenscheidenentzündung ist eine beginnende Reizung der Sehne, indem das sogenannte Hüllgewebe der Sehne entzündet ist.
DVGE Verlag: Wenn ein Patient mit Verdacht auf Tennisarm zu Ihnen in die Praxis kommt: Wie geht es dann weiter? Welche Untersuchungen werden durchgeführt, um die exakte Diagnose zu stellen?
Prof. Tobolski: Die Diagnose eines Tennisarms ist in erster Linie klinisch. Der Patient berichtet von seinen Beschwerden, und eine klinische Untersuchung mit Prüfung der Druckschmerzhaftigkeit führt meistens schon zur Diagnose. Eine Röntgenuntersuchung muss nicht zwingend gemacht werden, da Reizzustände der Sehne auf dem Röntgenbild nicht abgebildet werden können. Weiter hilft eine sonographische Untersuchung (Ultraschall), bei der der Reizzustand der Sehne nachgewiesen werden kann.
DVGE Verlag: Welche Behandlungsoptionen stehen bei Tennisarm zur Verfügung? (Überblick)
Prof. Tobolski: Es gibt unterschiedliche Therapieverfahren: In erster Linie Belastungsreduktion, in zweiter Linie Aufdehnen verkürzter Muskelgruppen durch eigene Übungen oder physiotherapeutische Behandlung. Darüber hinaus verwenden wir entzündungshemmende Substanzen, die optimalerweise direkt auf den Schmerzpunkt aufgebracht werden. Ferner eignet sich die sogenannte fokussierte Stoßwellenbehandlung als (ergänzende) Therapieoption.
DVGE Verlag: Welche Rolle spielt Physiotherapie bei der Behandlung von Tennisarm?
Prof. Tobolski: Die Physiotherapie spielt eine wichtige Rolle. Bei der passiven Physiotherapie werden die verkürzten Muskelgruppen aufgedehnt und über eine sogenannte Friktionsbehandlung (Massage) die Schmerzpunkte sinnvoll behandelt.
DVGE Verlag: Nach welcher Zeit sollten die Beschwerden in der Regel wieder abgeklungen sein?
Prof. Tobolski: Beim akuten Tennisarm sollte nach 4 Wochen intensiver Therapie eine deutliche Beschwerdereduktion eingetreten sein. Handelt es sich um chronische Beschwerden (besteht die Symptomatik schon länger), sind längere Behandlungsintervalle notwendig.
DVGE Verlag: Sollte der betroffene Arm in dieser Zeit komplett ruhiggestellt werden?
Prof. Tobolski: Gegen eine komplette Ruhigstellung spricht, dass eine ruhiggestellte Muskulatur zur weiteren Verkürzung neigt und im Anschluss daran die Schmerzen eher noch schlimmer werden.
DVGE Verlag: Was kann der Patient ergänzend selbst dafür tun, um möglichst schnell wieder fit zu werden?
Prof. Tobolski: Sinnvoll ist, selbständige Dehnungsbehandlungen durchzuführen. Die Muskulatur (beuge- und streckseitig) muss in eine Balance zurückgeführt werden; darunter kommt es zu einem Beschwerderückgang.
DVGE Verlag: In welchen Fällen ist eine Operation bei Tennisarm sinnvoll? Was genau passiert bei einer derartigen Tennisarm-OP?
Prof. Tobolski: Die operative Therapie ist ultima ratio. Lediglich bei chronifizierten Beschwerden, die keiner konservativen Therapie zugänglich sind, wird operiert. Bei uns ist das die Ausnahme. Bei der Tennisarmoperation wird der entzündete Sehnenansatz vom Knochen getrennt und damit der Reizzustand angegangen.
DVGE Verlag: Können Sie unseren Lesern abschließend noch einige Tipps verraten, mit denen sich ein Tennisarm vorbeugen lässt?
Prof. Tobolski: Letztlich geht es darum, eine Überlastung des Ellbogens zu vermeiden; sei es durch regelmäßige Pausen der ungewohnten Bewegungen, sei es durch eine Dehnungsbehandlung bei ersten auftretenden Beschwerden. Grundsätzlich gilt: Halten sich die Beschwerden, sollte ein Arzt aufgesucht werden, um eine erfolgreiche Therapie einleiten zu können.
Herr Professor Tobolski, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.
Zur Person:
Seit 2001 praktiziert Prof. Dr. med. Oliver Tobolski praktiziert in Köln mit Schwerpunkt Sportorthopädie und Sporttraumatologie. Seine im Jahr 2010 gegründete Praxisklinik Sporthomedic ist auf degenerative Gelenkerkrankungen vornehmlich des Knie-, Sprung- und Schultergelenkes spezialisiert; weitere Behandlungsschwerpunkte der Praxisklinik mit fünf Fachärzten sind die Fuß- und Handchirurgie, die Kinderorthopädie sowie Implantationen künstlicher Gelenke.
Weitere Infos auf www.sporthomedic.de oder unter Tel. 0221 39 80 79 80